© Münchner Stadtmuseum

Ein lächelnder Amor mit verbundenen Augen

16.10.2025,

Dr. Miriam Noa, Sammlungsleitung Musik am Münchner Stadtmuseum

Die Viola d’amore von Paulus Alletsee

Mit dem Instrument, das heute als Viola oder Bratsche bekannt ist, hat die Viola d’amore nur ihre ungefähre Größe (hier ca. 80 x 27 cm) und die Spielhaltung „da bracchio“, „auf dem Arm [gespielt]“, gemein. Sie gehört nicht wie die Bratsche zur Violinfamilie, sondern zu der der Violen: Diese beiden „Großfamilien“ der Streichinstrumente unterscheiden sich signifikant in Bau- und Spielweise. Zur Zeit von Johann Sebastian Bach erlebt die Viola d’amore ihre Blüte.

Bach verwendet das Instrument beispielsweise in der sehr intim besetzten Kirchenkantate „Tritt auf die Glaubensbahn“ (BWV 152). In der Johannespassion kommen im Bass-Arioso Nr. 19 („Betrachte, mein Seel, mit ängstlichem Vergnügen“) und in der Tenor Arie Nr. 20 („Erwäge wie sein blutgefärbter Rücken“) sogar zwei Viole d’amore zum Einsatz.
Im Barocken München gehörte der „Hof-Lauten- und Geigenmacher“ Paul(us) Alletsee zu den besten Instrumentenbauern. Sein Handwerk lernte er in Füssen, damals einem Mekka für den Lauten- und Geigenbau, und der Ort, an dem die frühesten bekannten Viole d’amore gebaut wurden. 

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Die fünf bis (wie hier) sieben Spielsaiten der Viola d’amore sind meist in D-Dur gestimmt, können aber auch der geforderten Tonart des zu spielenden Stückes angepasst werden; die unter dem Griffbrett verlaufenden Resonanzsaiten – bei diesem Exemplar acht – schwingen beim Spielen mit und sorgen für einen lange nachhallenden, lieblichen Klang, der dem Instrument seinen Beinamen „d’amore“ verliehen hat.
Wie viele Viole d’amore verfügt auch die des Münchner Stadtmuseums über eine reich geschwungene Korpusform, und die Schallrosette, die C-Löcher und der Kopf am Abschluss des Wirbelkastens sind kunstvoll geschnitzt. Der Kopf – ein Junge mit Augenbinde – stellt wahrscheinlich einen Cupido oder Amor dar. Dies nimmt ebenso Bezug auf den „liebe-vollen“ Instrumentennamen wie das kleine Herz, das in die untere Zarge eingelassen ist. Aus der Werkstatt von Paulus Alletsee gibt es in der Sammlung Musik außerdem eine Viola da bracchio (um 1720), ein Violoncello (1727) sowie eine Laute (1719).

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