Eine hohe Saite extra
27.10.2025,
Dieses eher kleine Violoncello (Korpuslänge 62,9 cm) mit zusätzlich fünfter hoher Saite gilt als eines der wenigen erhaltenen Exemplare einer gegen Ende des 17. Jahrhunderts entstandenen Sonderform des Violoncellos, des „Violoncello a cinque corde“. Die erste Komposition für einen diesem Typus entsprechenden „Basse de violon (=Violoncello) a 5 cordes“ ist aus Paris um 1686 überliefert, während größere fünfsaitige Celli, jedoch mit einer zusätzlichen tiefen Saite, wohl schon vorher existierten. Besondere Prominenz erlangte der Typus des „Basse de violon (oder Violoncello) a 5 cordes“ durch die sechste Suite für Cello solo von Johann Sebastian Bach um 1720, für das Bach ein „Violoncello a cinq(ue) cordes“ mit der Stimmung C-G-d-a-e´ forderte, so dass der Tonumfang gegenüber dem üblichen viersaitigen Violoncello um eine Quinte nach oben erweitert war.
Das Cello als Solo-Instrument
Neben diesem Münchner Instrument sind aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts weitere Instrumente mit fünf Saiten aus Mailand, Paris und Klingenthal (Sachsen) überliefert. Ihr Korpus ist etwas kleiner als die heutige Normgröße, jedoch nicht so klein, als dass eine andere Spielhaltung als die heutige zwischen den Knien möglich gewesen wäre. Der Grund für das Aufkommen des „Violoncello a cinque corde“ lag darin, dass das Cello nicht mehr nur als Bass-Instrument, sondern zunehmend auch solistisch genutzt wurde. Die hohe fünfte Saite ermöglichte ein Spiel auch im Tenorregister. Der etwas kleinere Korpus und die entsprechend geringere Saitenlänge waren einerseits technische Voraussetzung für die Konstruktion der e´-Saite, gestatteten aber auch ein agileres Spiel und eine hellere Klangfarbe. Mit der Entwicklung neuer Spieltechniken etwa ab 1730 begannen Cellist:innen das Tenorregister auch auf viersaitigen Violoncelli zu beherrschen – das „Violoncello a cinque corde“ geriet aus der Mode.
Nicht nur unter den Musiker:innen, sondern auch in älterer Literatur wird das „Violoncello a cinque corde“ oft mit dem ebenfalls fünfsaitigen „Violoncello piccolo“ verwechselt, dem Bach einige Solopartien in seinen Kantaten widmete. Das „Violoncello piccolo“ war mutmaßlich jedoch noch (deutlich) kleiner und könnte möglicherweise deshalb auch in einer Schulterhaltung, vergleichbar der der Geige, gespielt worden sein – Bach selbst unterschied in der ihm eigenen Genauigkeit die Typen explizit durch seine Instrumentenangaben.