Strahlender Klang mitten im Dreißigjährigen Krieg
12.11.2025,
Wunderschön in ihrer schlichten Eleganz und ihrem silbrig strahlenden Klang ist dieses Meisterwerk der Handwerkskunst. Erst zwei Jahre vor dem Bau dieser Trompete war Hanns Hainlein (1598–1671) zum Meister ernannt worden. In seiner Heimatstadt Nürnberg war er damit keineswegs allein: Ganze zwanzig Werkstätten für Metallblasinstrumente waren zu dieser Zeit in der wirtschaftlich äußerst günstig gelegenen, stolzen Reichsstadt im Zentrum Europas ansässig. Der zeitgenössische Spruch „Nürnberger Tand geht durch alle Land“ kann während Renaissance und Barock unbestritten auch für hochwertigste (Metall-) Blasinstrumente gelten.
Die Trompete dieser Zeit ist eine „Naturtrompete“. Von ihrer heutigen modernen Nachfahrin unterscheidet sie sich äußerlich in ihrer Form und dadurch in Spielweise und Tonvorrat: Das bügelförmig gewundene Rohr ist doppelt so lang wie bei heutigen Instrumenten und verfügt noch über keinerlei Ventile oder Klappen. Während derlei technische Entwicklungen späterer Zeit ein chromatisches Spiel aller Tonarten ermöglicht, kann die Barocktrompete prinzipiell nur die Naturtonreihe auf ihrem jeweiligen Grundton (in der Regel D, B und C) wiedergeben.
Betrachtet man das Werk Johann Sebastian Bachs, so sind Trompeten in der überwiegenden Zahl seiner Kompositionen – kirchlich wie weltlich – sehr präsent und verlangen den Spielenden oft ein hohes Maß an Virtuosität ab, da jeder Ton nur über Lippen und Atem angesteuert werden kann. Vieles spricht dafür, dass bereits zu Bachs Lebzeiten Trompeten mit Intonationslöchern versehen wurden, um den Ansprüchen an saubere Töne auch in den besonders schwierig zu blasenden obersten Clarin-Lagen besser gerecht werden zu können.
Die Trompete steht wie wohl kaum ein anderes Musikinstrument sinnbildlich für ihre Repräsentationsfunktion in Kirchen, bei Hofe sowie bei den Räten der aufstrebenden Städte. Traurige Tatsache ist daneben aber auch, dass ein zahlenmäßig weit größerer Bedarf an Trompeten für militärische Zwecke bestand. Hanns Hainlein erschuf dieses Exemplar auf dem Höhepunkt des Dreißigjährigen Krieges, der das Nürnberger Umland ins Fadenkreuz einer der wichtigsten Schlachten und eines monatelangen Belagerungs- und Zermürbungskrieges rückte: Im Jahr 1632 tobte die „Schlacht an der Alten Veste“, und Nürnbergs Doppelrolle, zugleich protestantisch und kaisertreu zu sein, wurde beim Zusammentreffen der riesigen Heere Gustav Adolfs und Wallensteins auf eine entsetzliche Probe gestellt. Schätzungsweise um die 50.000 Menschen sollen allein im Jahr 1632 durch Hunger, katastrophale hygienische Zustände und eine massive Pest-Epidemie in und um Nürnberg den grausamen Tod gefunden haben.
Wie mag es sich für Hanns Hainlein, 34 Jahre alt und Familienvater, angefühlt haben, inmitten all dieses unbeschreiblichen Leids ein solches Kleinod zu erschaffen? Genau wie einige Jahrzehnte später Bachs Musik stehen diese Werke als ein „Trotzdem“ in zeitloser Schönheit, die uns bis heute staunend innehalten lässt.